Vom kleinen und großen 1×1 des Weins
erstellt am: 19.06.2018 | von: Manuel Hornemann | Kategorie(n): Tests und Kritiken
Im Internet gibt es zahlreiche Quellen für „Weinwissen“. Die einen bieten kostenlose Hilfe andere, verlangen stattliche Summen für ihre Expertise und wieder andere versuchen, den Verkauf durch Videos oder Blogs anzukurbeln. Ich muss an dieser Stelle selbstverständlich zugeben, dass auch mir ein höherer Absatz unsere tollen Weine am Herzen liegt. Dennoch möchte ich versuchen, an Hand unseres breiten Portfolios Ihnen den einen oder anderen Kniff zum Thema Wein näher zu bringen. Es wird keinen umfassenden Überblick über die gesamte Weinwelt geben, sondern einige Grundlagen und weiterführendes Wissen wie z.B. Reife im Wein bis zum intensiven Vergleich verschiedener Lagen und Stile in der Bereitung.
Zu diesem Zweck möchte ich für Sie in regelmäßigen Abständen einige Weine vorstellen, die parallel in einer vergleichenden Verkostung Ihnen die Möglichkeit bieten sollen, für sich selbst einen Themenschwerpunkt heraus zu arbeiten.
Ein kleiner Tipp an dieser Stelle: laden Sie Freunde ein und verkosten Sie gemeinsam, diskutieren Sie angeregt und haben Sie immer Spaß am Genuss. Außerdem beachten Sie bitte, dass die Wahrnehmung der Gerüche etc. sehr individuell ist, so ist meine Brombeere Ihre Blaubeere usw.
Welcher Wein Typ bin ich?
Verallgemeinerungen zum Thema Wein sind immer schwierig und mitunter fatal. Dennoch möchte ich hier ein Stück weit verallgemeinern, Sie aber dennoch bitten, auch in Zukunft ohne Scheuklappen durch die Welt des Weines zu gehen.
Am Anfang einer jeden Beratung am Gast stand für mich neben Überlegungen zur Speise die Frage: was mag mein Gast? Ich beginne also 99% meiner Weinberatung mit der Frage, ob es irgendwelche Weine gibt, die besonders im Gedächtnis blieben, positiv wie negativ. Natürlich kann man so ein bisschen Smalltalk machen und kommt nicht direkt geschäftig zum Verkauf à la: 2012 GG, 2008 1er Cru etc., aber viel wichtiger ist es für, mich Informationen zu sammeln.
Seit Beginn meiner Karriere begleitet mich die Einteilung nach Vincent Gasnier, für dessen Buch ich an dieser Stelle gerne die Werbetrommel rühre. Deswegen steht für mich auch hier am Anfang die „Einteilung“ in Weingruppen. Diese Gruppen sind keinesfalls starr, teilweise überschneiden sich Eigenschaften, also glauben Sie bitte nicht, dass, nur weil Sie Riesling lieben, Sie keinen Chardonnay mögen können. Dennoch bieten sie eine gute Grundlage und einen Leitfaden für Ihre zukünftigen Überlegungen zum Thema Wein.
Beginnen wir also mit unseren drei Gläsern:
Beim Einschenken der drei Weine werden Sie schon deutliche Unterschiede zwischen den Weinen bemerken. Der Chablis wirkt fast weiß und der Riesling hellgelb, während der Vézelay von La Croix Montjoie goldgelb im Glas erstrahlt.
Typ I stahlige, knackige Weißweine
Im ersten Glas haben wir nun also den 2016er Chablis der Domaine du Colombier (Chablis). Wie Sie feststellen wirkt der Wein in der Nase zurückhaltend, fast schüchtern. Zarte Noten von Zitrone und Austernschalen gepaart mit dem Eindruck nasser Steine.
Typ II saftige Weißweine
Daneben wirkt Wein Nr.2, 2014er Riesling trocken von Fritz Haag (Fritz Haag Riesling trocken), fast üppig. Zu Zitronen und grünen Äpfeln gesellen sich reifere Noten von Pfirsichen bis zu tropischen Noten von Maracuja.
Typ III opulente Weißweine
In Glas Nr.3 finden wir eine durchaus üppige, volle Eleganz vor (Bourgogne Vézelay La Voluptueuse). Noten von Butter und Vanille, gerösteten Nüssen werden begleitet vom Aroma gelber Birnen.
Nachdem wir uns einen ersten optischen Eindruck von den Weinen gemacht und unsere Nasen in den wohligen Duft der Weine getaucht haben, kommen wir endlich zum spaßigsten Teil, dem eigentlichen Verkosten.
Der Chablis wirkt stahlig, geradlinig, knackig geprägt von einer frischen Säure, ohne scharf zu wirken. Er ist leicht und beschwingt, hinterlässt einen sauberen, frischen Nachklang und erfrischt.
Der Riesling wirkt ungemein saftig, erinnert im Mund an den Biss in einen überreifen Pfirsich und erfrischt mit knackiger Säure. Gleichzeitig wirkt er etwas voller als der Chablis.
Der Vézelay ist üppig. Er macht noch keinen Hehl aus seinem Holzausbau. Er wirkt im Vergleich unwahrscheinlich weich und vollmundig mit einer verführerischen Aromenfülle.
Das Fazit
Vielleicht hat sich nun für Sie ein Typ Wein herauskristallisiert, vielleicht haben Sie neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten gefunden. Immerhin sind Wein Nr.1 und Wein Nr.3 bereitet aus Chardonnay und wachsen nicht mal eine Autostunde voneinander entfernt. Möglicherweise haben Sie auch gemerkt, dass allen Weine eine relativ prägnante Frische gemein ist. Im besten Fall ist es nun aber so, dass Sie bei Ihrem nächsten Restaurantbesuch eine bessere Idee, haben wie der Wein sein soll, den Sie trinken möchten.
In diesem Sinne auf Ihr Wohl! Und denken Sie daran beim Weinkauf: macht Versuch klug.
Bis zum nächsten Mal
Kevin Kleu
Sommelier