Die neue Champagner Vielfallt

erstellt am: 10.07.2018 | von: Manuel Hornemann | Kategorie(n): Kierdorf News

„Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin, und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin; und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst habe.“  Dieses Zitat einer der wohl größten Damen der Champagne illustriert deutlich, wann und wie Champagner zu gebrauchen ist. Durch die intensiven Marketingbemühungen der Madame Bollinger und anderer ist Champagner kein Getränk wie jedes andere. Kein Getränk trägt so viel Bedeutung in sich wie Champagner. Ob zur Hochzeit, zum Vertragsabschluss, zur Geburt des Kindes und zu dessen Schulabschluss, Champagner darf nicht fehlen.

Er darf nie fehlen, und dennoch ist die Qualität von Champagner, die man Land auf Land ab geboten bekommt, gerade im privaten Rahmen häufig ein Graus. Das liegt zum einem am Status von Champagner. Wer kennt nicht noch die Aussage der Mutter, dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes handle, das man für einen besonderen Anlass weglegt. Nun kommt dann dieser Anlass so spät, dass der einfache Champagner nach Jahren im Keller nur noch einen morbiden Charme hat und sich die Anwesenden fragen, ob der Geschmack denn wirklich so gewollt ist.

Das andere Extrem sind die Impulskäufe von Champagner. Schnell noch eine Flasche des prickelnden Safts kurz vor der Supermarkt-Kasse mitgenommen und am Abend geköpft, und schon wieder stellt sich Enttäuschung ein. Stellt sich also schnell die Frage: Kann Champagner wirklich was? Oder hat die gute Frau Bollinger nur zu oft und tief ihre Nase ins Champagner Glas gesteckt?

Zunächst sollte man also genau auf das Etikett der Flasche gucken. Gewiss gibt es hier sehr viel weniger zu erfahren und weitaus weniger Sonderfälle und Fallstricke als in jedem anderen Weinbaugebiet Frankreichs. Man kann sagen, genauso erfrischend wie Champagner ist, so erfrischend einfach ist auch die AOC-Einteilung: es gibt genau eine. Dennoch finden sich neben der Geschmacksrichtung versteckt noch wichtige Informationen.

Zückt man die Lupe, so entdeckt man sie, die kleinen Feinheiten, oft versteckt rechts unten in der Ecke des Etiketts finden sich die Herstellercodes für Champagner. Bei den einfacheren und vor allem preiswerten Champagnern wird man oft ein MA (Marque d’Acheteur) oder ND (Negociant distributeur) finden. Bei diesen Champagnern handelt es sich um beliebige Produkte, auf die am Ende die Wunschetiketten der Handelsmarke aufgebracht werden. Die aufgebrachten Namen sind am Ende nichts als Fantasie.

So wundert es dann letztendlich nicht, dass der als Grand Cru proklamierte MA Champagner oft müde und fad schmeckt und sich nur mit größter Mühe trinken lässt. Nun stellt sich natürlich die berechtigte Frage: wie das sein kann? Bis Ende der 1980er Jahre war man in der Champagne überzeugt, es genüge ein guter Kellermeister, um einen großen Champagner zu erzeugen. Ab den 1990er Jahren setzte sich auch hier die Einsicht durch, dass es vor allem guter Trauben bedarf. Grand Cru ist doch immer Grand Cru und die Erträge etc. werden zentral durch die CIVC (Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne) reguliert bzw. festgelegt. Diese Aussage ist zunächst richtig; es ist in der Champagne jedoch so, dass der Grand Cru oder 1er Cru Status für ganze Dörfer gilt und nicht wie beispielsweise im Burgund für genau abgesteckte Weinberge bzw. Lagen. Das heißt also in der Theorie, dass Trauben, die in perfekter Südlage wachsen, genauso wertig sind wie Trauben aus Nordlagen mit nassen Böden. Natürlich ist das nicht so. Die Champagne ist mit Sicherheit eine magische Region, aber auch nicht so magisch, dass Trauben ungeachtet ihrer Lage perfekte Qualitäten liefern.

 

 

Die Champagne war schon immer von starken Marken geprägt. Größe Häuser wie Moët, sogenannte Négociants (NM), prägten und prägen noch heute den Geschmack und den Stil der Region. Die unglaublichen Stückzahlen, die von den jeweiligen Négociants produziert werden, lassen sich jedoch nicht mit den Trauben aus eigenem Besitz, sofern überhaupt welcher vorhanden ist, decken. Also waren und sind die Négociants gezwungen, Trauben für die Produktion zuzukaufen. Historisch war es quasi unmöglich, die gekauften Trauben zentral in eigenen Kellereien zu pressen, sodass diese in der Regel von den Weinbauern zu einer Kelter in ihrem Dorf gebracht wurden. Dort wurden die Trauben gepresst und als Most weiterverkauft. Nun kristallisierten sich im Laufe der Zeit Dörfer heraus, deren Moste als besonders gut galten. Diese besonders wertigen Dörfer wurden auf einer 100-Punkte- Skala, dem sogenannten Échelle des Crus, bewertet. Mit 100 Punkten wurden die 17 Dörfer bewertet, die heute als Grand Cru gelten, zwischen 91 und 99 Punkten wurden den 41 Premiers-Crus-Dörfern als Bewertung zugeordnet, während alle schlechter bewerteten Dörfer lediglich einfache Qualitäten liefern durften. Dieses System ist heute offiziell nicht mehr in Gebrauch, bietet aber weiterhin die Grundlage der Preisverhandlungen.

Bevor ich weiter schreibe, betone ich an dieser Stelle, dass ich Négociants nicht grundlegend ablehnend gegenüberstehe. Viele haben mittlerweile sehr gute Systeme zur Qualitätssicherung etabliert, und Champagner einiger großer Négociants trinke ich immer noch ausgesprochen gerne. Weiter ist es gut und richtig, dass Champagner, historisch betrachtet, mehr die Darstellung einer Region als einzelner Lagen war und ist. Es soll nicht heißen, dass ein Terroir-Gedanke dem Champagner großer Marken grundsätzlich nicht innewohnt, es ist aber ein vollkommen anderer, als wir ihn vom Großen Gewächs oder Grand Cru kennen. Das Grand Cru des Burgunds soll einen tiefen Bezug zu der einen Lage haben, es soll den Charakter des Jahres in der Flasche einfangen und bis zum Moment des Öffnens konservieren. Champagner hingegen ist in der Regel jahrgangslos, auch auf Grand Cru Niveau. Es geht darum, trotz Schwankungen der Jahrgänge wechselnden Lieferanten der Trauben usw. ein immer gleiches Produkt zu liefern. Den Geschmack, den Sie heute kennen lernen in Ihrem Lieblingschampagner, sollen Sie auch noch bei einer anderen Flasche, die Sie in 10 Jahren kaufen, wiederfinden können. Die große Maxime hier ist Konstante.

Konstante ist auch das große Thema bei den sogenannten Winzer-Champagnern oder vielmehr deren Fehlen. Noch heute ist fehlende Konstante im Geschmack und noch viel schlimmer bei der Qualität eines der größten Mankos dieser Produkte. Die Winzer bewirtschaften oft nur wenige Hektar, zumeist nur in einem oder wenigen Dörfern, sodass regionale Jahrgangsschwankungen kaum auszugleichen sind. Die Weine bieten zwar häufig einen eigenständigen Charakter, lassen aber eben genauso häufig die notwendige Qualität vermissen.

Natürlich gibt es sie, die großartigen, individuellen Champagner der kleinen Winzer der Champagne. Diese großartigen Weine, die einfach auf einmalige Art und Weise ihre Herkunft zeigen und die Brücke schlagen zwischen Konstante, Qualität und einem unverkennbaren Terroir-Charakter.
Hier stellt sich dann jedoch die alles entscheidende Frage: Wo findet man solche Champagner? Natürlich gibt es den ein oder anderen kleinen Winzer, der sich bereits international einen Namen machen konnte wie z.B Agrapart & Fils, aber die Mehrheit dieser Winzer verbleibt noch all zu oft unter dem Radar.

Die wenigsten werden bedauerlicherweise selber die Zeit finden, auf Entdeckungsreise in die Champagne aufzubrechen, um nach diesen Perlen zu suchen. Deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht, um einige für Sie zu finden.

Unsere neuesten Entdeckungen stellen verschiedenste Champagner Stile von der Côte de Blancs bis zur Montagne de Reims dar und bereichern ab sofort unser Sortiment. Weitere Winzer und Regionen der Champagne werden in Kürze hinzukommen.